Artenschutz in Kolumbien (2001) – „Auf die Unterart kommt’s an“

Der Kolumbianer Ivan Lozano hat sich ganz dem Artenschutz verschrieben. Die ARGE Papageienschutz unterstützt eines seiner Projekte zur Wiederansiedelung der Gelbkopfamazone.

In Bogotá leitet der 28-jährige Biologe eine behördliche Auffangstation für beschlagnahmte Wildtiere. Neben Affen sind Papageien die häufigste Gruppe in seiner Station. Doch es soll keine Endstation sein. Für manche gesunde, flugfähige Tiere kann ein Leben in Freiheit wieder möglich sein.

Fast täglich werden in Bogotá und Umgebung Wildtiere beschlagnahmt, denn ein Gesetz verbietet deren Haltung in Privathand. Wird z. B. jemand mit einem Papagei auf der Schulter auf der Straße angetroffen, so wird dieser sofort von den Behörden konfisziert. Zumeist sind es Amazonen, manchmal auch Aras oder Sittiche. Zunächst werden die aufgenommenen Tiere vom Tierarzt untersucht und kommen dann in einen Quarantäne-Bereich. Dort werden sie mehrere Wochen genau beobachtet, um anschließend die Entscheidung treffen zu können, ob eine Freilassung in Betracht gezogen werden kann, oder das Tier aufgrund fehlender körperlicher Fitness (z. B. gebrochener Flügel, Federrupfer etc.) auch den Rest seines Lebens in Gefangenschaft verbringen muss.

Die Genetik ist entscheidend 

Doch die körperlichen und psychischen Voraussetzungen allein sind nicht genug. Besonders wichtig ist unter anderem die Kenntnis über die Unterarten, denn diese sind in verschiedenen geographischen Gebieten des Landes zuhause. Das Einbringen einer fremden Unterart in eine bestimmte Region kann dramatische Folgen haben. Die verschiedenen Unterarten würden sich kreuzen und Mischlinge hervorbringen – ein genetisches Desaster, das sogar das lokale Aussterben einer bestehenden Unterart bedeuten kann.

Im Februar 2000 begann Ivan Lozano mit seinen Untersuchungen. Zunächst wurden die damals 48 in der Station lebenden Gelbkopfamazonen genau vermessen, gewogen, fotografiert und damit die spezielle Kopfzeichnung festgehalten. In Kolumbien sind drei Unterarten dieser Spezies bekannt – die Nominatform der Gelbkopfamazone (= die Erstbeschriebene) -Amazona ochrocephala ochrocephala, die Panamaamazone (A. o. panamensis) und die Natterer-Amazone (A. o. natteri). Doch die untersuchten Individuen wiesen keine signifikanten Unterschiede, so wie in der Literatur beschrieben, auf; mit Mischlingen musste daher gerechnet werden. Zusätzlich hatten weder Lozano noch einer der weiteren beteiligten Forscher die Natterer-Amazone jemals vorher als solche identifiziert.

Auf Spurensuche in Wien

Im September letzten Jahres verhalf die Arge Papageienschutz Herrn Lozano zur Weiterführung seiner wichtigen Studie. Die Natterer-Amazone wurde 1865 entdeckt und nach dem österreichischen Naturforscher Johann Natterer benannt. In der Sammlung des Naturhistorischen Museums in Wien befinden sich Bälge dieser Unterart. Also organisierte die Arge Papageienschutz ein mehrwöchiges Fortbildungsprogramm für den engagierten Südamerikaner. Flug- und Aufenthaltskosten wurden vom Verein getragen. Herr Lozano hatte nicht nur die Möglichkeit, den Geheimnissen der Natterer-Amazone auf den Grund zu gehen, sondern auch an der Schutzarbeit des Vereins teilzunehmen. Es wurden Tipps zur artgerechten Haltung ausgetauscht und gemeinsame Pläne für die Zukunft geschmiedet.

Der illegale Handel mit Papageien ist nach wie vor ein großes Problem in Kolumbien (und im restlichen Südamerika). Lozano meint, in den entlegenen Gebieten hätten die Behörden keine Ahnung, welche Arten geschützt bzw. bedroht sind. Der Vollzug der eigentlich fortschrittlichen Gesetze ist durch die schlechte Information der Behördenvertreter sehr mangelhaft. Mehr Öffentlichkeitsarbeit wäre extrem wichtig. Die Arge möchte daher einen Schritt weiter gehen. In Kürze soll ein Poster produziert werden (die Arge finanziert die Produktionskosten), der an behördlich relevanten Stellen (Ämter, Polizei-Kommissariate, Tourismus-Agenturen etc.) sowie in Schulen, Kindergärten und Freizeitzentren über die Illegalität des Papageienhandels informieren soll. Ivan Lozano wird parallel dazu Vorträge über die Gefährdung der heimischen Fauna halten.

Sinnvoller Artenschutz beginnt in den Ursprungsländern!